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Seit den Gezi-Protesten im vorigen Frühjahr kommt die Türkei nicht mehr zur Ruhe. Ein Korruptionsskandal erschüttert die Republik, die Regierung Erdogan schlägt wild um sich. Der Machtkampf mit der Gülen-Bewegung ist voll entbrannt.
Ein Korruptionsverdächtiger versteckt Millionensummen in Schuhkartons. Ein Minister lässt sich eine Uhr für 200.000 Euro schenken. Polizisten werden gleich zu Tausenden versetzt, weil die Regierung ihnen nicht mehr traut. Unliebsame Staatsanwälte werden von wichtigen Ermittlungen entfernt, weil sie dem Ministerpräsidenten auf die Füße treten. Der Korruptionsskandal in der Türkei und die Reaktion der Regierung wirken auf manche Beobachter wie absurdes Theater. Die Opposition wirft Erdoğan vor, den Verstand verloren zu haben.
Ein Staat, der bis vor Kurzem als Modell für die ganze Region galt, Mitglied der G20 ist und in die EU will, steht plötzlich da wie eine Bananenrepublik. Jeder neue Tag bringt Nachrichten, die wirken, als habe sich jemand einen bizarren Scherz erlaubt. Da hat ein iranischer Geschäftsmann laut Staatsanwaltschaft Mitglieder der Regierung mit Millionensummen geschmiert, um sich Unterstützung für fragwürdige Goldgeschäfte mit Teheran zu sichern.
Drei Ministersöhne wurden festgenommen. Der inzwischen zurückgetretene Wirt-schaftsminister Zafer Çağlayan soll von dem iranischen Unternehmer eine Schweizer Edeluhr im Wert von mehr als 200.000 Euro erhalten haben.
In anderen Ländern wäre die Regierung angesichts dieser Lage längst zurückgetreten, sagt die Opposition. Und in der Türkei? Vizepremier Emrullah Işler sagt im Staats-fernsehen, selbst wenn die Vorwürfe zuträfen, sei alles nicht so schlimm, denn es seien keine öffentlichen Gelder veruntreut worden.
Schlimm ist aus Sicht der Regierung nicht die mutmaßliche Korruption, sondern deren Aufdeckung. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan und seine Anhänger sehen sich als Opfer einer Verschwörung mit dem Ziel, die Regierung vor den wichtigen Kommunal-wahlen am 30.März zu schwächen. Von „parallelen Strukturen“ im Staatsapparat ist die Rede, von einem Komplott und Putschversuch unter Beteiligung türkeifeindlicher Kräfte im Ausland. Beweise dafür gibt es nicht.
Aber auch ohne Beweise geht Erdoğan gegen seine angeblichen Gegner vor. Mit der Versetzung von mehr als 1500 Polizeibeamten und mehreren Staatsanwälten sind die Ermittlungen erheblich gestört worden. Ob und wann es eine Anklage und einen Prozess geben wird, weiß niemand.
Die atemberaubende Geschwindigkeit, in der die Regierung in ihrem Verfolgungswahn frühere Freunde zu Feinden erklärt, trägt zu der surrealen Atmosphäre in diesen Tagen bei. Da ist zum Beispiel Zekeriya Öz. Der Istanbuler Staatsanwalt war in den vergangenen Jahren ein Held für die Erdoğan-Anhänger, der Ministerpräsident selbst stellte ihm sogar eine gepanzerte Limousine aus seinem Fuhrpark als Dienstwagen zur Verfügung. Denn damals war Öz entscheidend an den Ermittlungen gegen Ex-Generäle im rechts-gerichteten Geheimbund Ergenekon beteiligt, der einen Putsch gegen Erdoğan geplant haben soll.
Wie ein Mafiaboss
Aber jetzt hat Öz zusammen mit Kollegen wegen des Verdachts der Korruption gegen Leute aus Erdoğans Umfeld ermittelt und mehrere Dutzend Verdächtige festnehmen lassen. Prompt wurde Öz von dem Fall abgezogen, der Dienstwagen ist auch weg. Zwei Emissäre Erdoğans hätten ihn aufgefordert, die Ermittlungen einzustellen, sagt Öz. Andernfalls werde das schlimme Folgen für ihn haben. Erdoğan dementiert, doch ein Parlamentsabgeordneter aus Erdoğans Regierungspartei AKP sagt über Twitter den baldigen Tod von Öz voraus.
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Seit den Gezi-Protesten im vorigen Frühjahr kommt die Türkei nicht mehr zur Ruhe. Ein Korruptionsskandal erschüttert die Republik, die Regierung Erdogan schlägt wild um sich. Der Machtkampf mit der Gülen-Bewegung ist voll entbrannt.
Ein Korruptionsverdächtiger versteckt Millionensummen in Schuhkartons. Ein Minister lässt sich eine Uhr für 200.000 Euro schenken. Polizisten werden gleich zu Tausenden versetzt, weil die Regierung ihnen nicht mehr traut. Unliebsame Staatsanwälte werden von wichtigen Ermittlungen entfernt, weil sie dem Ministerpräsidenten auf die Füße treten. Der Korruptionsskandal in der Türkei und die Reaktion der Regierung wirken auf manche Beobachter wie absurdes Theater. Die Opposition wirft Erdoğan vor, den Verstand verloren zu haben.
Ein Staat, der bis vor Kurzem als Modell für die ganze Region galt, Mitglied der G20 ist und in die EU will, steht plötzlich da wie eine Bananenrepublik. Jeder neue Tag bringt Nachrichten, die wirken, als habe sich jemand einen bizarren Scherz erlaubt. Da hat ein iranischer Geschäftsmann laut Staatsanwaltschaft Mitglieder der Regierung mit Millionensummen geschmiert, um sich Unterstützung für fragwürdige Goldgeschäfte mit Teheran zu sichern.
Drei Ministersöhne wurden festgenommen. Der inzwischen zurückgetretene Wirt-schaftsminister Zafer Çağlayan soll von dem iranischen Unternehmer eine Schweizer Edeluhr im Wert von mehr als 200.000 Euro erhalten haben.
In anderen Ländern wäre die Regierung angesichts dieser Lage längst zurückgetreten, sagt die Opposition. Und in der Türkei? Vizepremier Emrullah Işler sagt im Staats-fernsehen, selbst wenn die Vorwürfe zuträfen, sei alles nicht so schlimm, denn es seien keine öffentlichen Gelder veruntreut worden.
Schlimm ist aus Sicht der Regierung nicht die mutmaßliche Korruption, sondern deren Aufdeckung. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan und seine Anhänger sehen sich als Opfer einer Verschwörung mit dem Ziel, die Regierung vor den wichtigen Kommunal-wahlen am 30.März zu schwächen. Von „parallelen Strukturen“ im Staatsapparat ist die Rede, von einem Komplott und Putschversuch unter Beteiligung türkeifeindlicher Kräfte im Ausland. Beweise dafür gibt es nicht.
Aber auch ohne Beweise geht Erdoğan gegen seine angeblichen Gegner vor. Mit der Versetzung von mehr als 1500 Polizeibeamten und mehreren Staatsanwälten sind die Ermittlungen erheblich gestört worden. Ob und wann es eine Anklage und einen Prozess geben wird, weiß niemand.
Die atemberaubende Geschwindigkeit, in der die Regierung in ihrem Verfolgungswahn frühere Freunde zu Feinden erklärt, trägt zu der surrealen Atmosphäre in diesen Tagen bei. Da ist zum Beispiel Zekeriya Öz. Der Istanbuler Staatsanwalt war in den vergangenen Jahren ein Held für die Erdoğan-Anhänger, der Ministerpräsident selbst stellte ihm sogar eine gepanzerte Limousine aus seinem Fuhrpark als Dienstwagen zur Verfügung. Denn damals war Öz entscheidend an den Ermittlungen gegen Ex-Generäle im rechts-gerichteten Geheimbund Ergenekon beteiligt, der einen Putsch gegen Erdoğan geplant haben soll.
Wie ein Mafiaboss
Aber jetzt hat Öz zusammen mit Kollegen wegen des Verdachts der Korruption gegen Leute aus Erdoğans Umfeld ermittelt und mehrere Dutzend Verdächtige festnehmen lassen. Prompt wurde Öz von dem Fall abgezogen, der Dienstwagen ist auch weg. Zwei Emissäre Erdoğans hätten ihn aufgefordert, die Ermittlungen einzustellen, sagt Öz. Andernfalls werde das schlimme Folgen für ihn haben. Erdoğan dementiert, doch ein Parlamentsabgeordneter aus Erdoğans Regierungspartei AKP sagt über Twitter den baldigen Tod von Öz voraus.
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