Bundesagentur für Arbeit ordert Software zur Überwachung Erwerbsloser in sozialen Netzwerken. Datenschützer nicht informiert.
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Geht es nach der Bundesagentur für Arbeit werden deren Zentralrechner bald Daten aus sozialen Medien speichern
Foto: Marcus Führer dpa/lby
Verkäufe bei Ebay, Onlinebuchung eines Fluges, ein Kommentar bei Facebook: An diesen Daten haben nicht nur Konzerne Interesse, die Produkte oder Dienstleistungen bewerben wollen. Auch die Bundesagentur für Arbeit (BA) will wissen, was Erwerbslose im Internet so treiben. Das geht aus einem europaweit ausgeschriebenen Auftrag hervor.
So sucht die Arbeitsvermittlungsbehörde auf der Onlinevergabeplattform des Bundes ein Unternehmen, das ihr ein »Social Media Monitoring Tool« (Programm zum Beobachten sozialer Medien) für zunächst zwei Jahre zur Verfügung stellt. Die Firma, die den Zuschlag erhält, soll die Software warten und BA-Angestellte in der Nutzung schulen. Laut Auftrag geht es um »automatisierte Identifikation und Analyse von Diskussionen und Kommentaren im deutschsprachigen Social Web«. Der Vertrag soll von Mitte März 2015 bis zum Frühsommer 2017 laufen.
Mit solchen »Monitoring Tools« können Foren, Blogs, Verkaufsplattformen oder Kommentarspalten im Internet mit Hilfe von Stichwörtern oder Namen abgescannt werden. Konzerne forschen so persönliche Interessen aus und spüren potentielle Kunden im World Wide Web auf, die sie dann mit Werbung überhäufen. Wie der Anbieter Infospeed auf seiner Internetseite erklärt, dient die Software dafür, »benutzergenerierte Inhalte« zu »identifizieren und zu analysieren«, etwa für »Marktforschungszwecke«. Im Gegensatz zum »Webmonitoring«, wo es darum geht, kommerzielle Nachrichten und Artikel zu durchforsten, würden beim »Social Media Monitoring« Einträge und Daten bestimmter Nutzer ausgewertet. Es eröffne sich eine »breite Quelle an Informationen«, etwa zu Kaufentscheidungen, Ansichten und persönlichen Details, heißt es.
Mit der Onlinedurchsuchung sollen Mitarbeiter aus den Bereichen IT, Presse und dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) betraut werden, wie viele, stehe noch nicht fest, teilte BA-Sprecherin Frauke Wille am Montag auf jW-Nachfrage mit. Ermittelt werde unter anderem in Foren, Blogs und sozialen Netzwerken. Verfolgt werden sollten vor allem »aktuelle Diskussionsthemen mit Bezug auf die BA«, so Wille weiter. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales sei in das Vorhaben nicht involviert. Personenbezogene Daten würden nicht erhoben, versicherte sie. Eine Sprecherin der Bundesbeauftragten für Datenschutz, Andrea Voßhoff, zeigte sich auf Nachfrage überrascht. »Wir wissen nichts von dieser Ausschreibung«, versicherte sie. Sie werde bei der BA nachhaken.
Voßhoffs Vorgänger Peter Schaar hatte bereits 2013 ein ähnliches Vorhaben der BA gerügt. Danach wurde es offiziell gestoppt. Laut Schaar hatten damals Jobcenter bei ihm nachgefragt, ob sie Infos auf Facebook von Hartz-IV-Beziehern verwenden dürften. Keinesfalls, so seine Antwort, habe die BA das Recht, sich in Foren einzuloggen oder Suchmaschinen zu nutzen, um Klienten zu beobachten. Anders liege der Fall nur, wenn es einen konkreten Betrugsverdacht gebe. »Eine Spionage ins Blaue hinein ist immer illegal«, hatte Schaar erklärt. »Unsere Auffassung von damals gilt auch heute«, betonte die Behördensprecherin am Montag.
Die Freude der Bundesagentur an umfassender Beschattung ist weder neu noch auf das Virtuelle beschränkt. Datenschützer hatten schon 2009 eine interne Anweisung der BA gestoppt. Diese erlaubte es, Erwerbslose oder Aufstocker bei Betrugsverdacht zu observieren und Nachbarn oder Verwandte über sie auszufragen. 2010 berichtete Die Zeit über einen Vorstoß des Kieler Jobcenters. Das hatte Fragebögen ausgegeben, in denen Klienten nicht nur ihren gesamten Tagesablauf schildern, sondern auch Angaben zu Angehörigen, Freunden und Bekannten liefern sollten. Mit einem weiteren Versuch im November 2013 zielte die BA darauf ab, Ebay-Verkäufer aufzuspüren. Auch die neue Hartz-IV-Reform, die im April in Kraft treten soll, sieht mehr Überwachung vor, etwa den monatlichen Abgleich von Kontoauszügen oder Arbeitsnachweisen.
QUELLE
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Geht es nach der Bundesagentur für Arbeit werden deren Zentralrechner bald Daten aus sozialen Medien speichern
Foto: Marcus Führer dpa/lby
Verkäufe bei Ebay, Onlinebuchung eines Fluges, ein Kommentar bei Facebook: An diesen Daten haben nicht nur Konzerne Interesse, die Produkte oder Dienstleistungen bewerben wollen. Auch die Bundesagentur für Arbeit (BA) will wissen, was Erwerbslose im Internet so treiben. Das geht aus einem europaweit ausgeschriebenen Auftrag hervor.
So sucht die Arbeitsvermittlungsbehörde auf der Onlinevergabeplattform des Bundes ein Unternehmen, das ihr ein »Social Media Monitoring Tool« (Programm zum Beobachten sozialer Medien) für zunächst zwei Jahre zur Verfügung stellt. Die Firma, die den Zuschlag erhält, soll die Software warten und BA-Angestellte in der Nutzung schulen. Laut Auftrag geht es um »automatisierte Identifikation und Analyse von Diskussionen und Kommentaren im deutschsprachigen Social Web«. Der Vertrag soll von Mitte März 2015 bis zum Frühsommer 2017 laufen.
Mit solchen »Monitoring Tools« können Foren, Blogs, Verkaufsplattformen oder Kommentarspalten im Internet mit Hilfe von Stichwörtern oder Namen abgescannt werden. Konzerne forschen so persönliche Interessen aus und spüren potentielle Kunden im World Wide Web auf, die sie dann mit Werbung überhäufen. Wie der Anbieter Infospeed auf seiner Internetseite erklärt, dient die Software dafür, »benutzergenerierte Inhalte« zu »identifizieren und zu analysieren«, etwa für »Marktforschungszwecke«. Im Gegensatz zum »Webmonitoring«, wo es darum geht, kommerzielle Nachrichten und Artikel zu durchforsten, würden beim »Social Media Monitoring« Einträge und Daten bestimmter Nutzer ausgewertet. Es eröffne sich eine »breite Quelle an Informationen«, etwa zu Kaufentscheidungen, Ansichten und persönlichen Details, heißt es.
Mit der Onlinedurchsuchung sollen Mitarbeiter aus den Bereichen IT, Presse und dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) betraut werden, wie viele, stehe noch nicht fest, teilte BA-Sprecherin Frauke Wille am Montag auf jW-Nachfrage mit. Ermittelt werde unter anderem in Foren, Blogs und sozialen Netzwerken. Verfolgt werden sollten vor allem »aktuelle Diskussionsthemen mit Bezug auf die BA«, so Wille weiter. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales sei in das Vorhaben nicht involviert. Personenbezogene Daten würden nicht erhoben, versicherte sie. Eine Sprecherin der Bundesbeauftragten für Datenschutz, Andrea Voßhoff, zeigte sich auf Nachfrage überrascht. »Wir wissen nichts von dieser Ausschreibung«, versicherte sie. Sie werde bei der BA nachhaken.
Voßhoffs Vorgänger Peter Schaar hatte bereits 2013 ein ähnliches Vorhaben der BA gerügt. Danach wurde es offiziell gestoppt. Laut Schaar hatten damals Jobcenter bei ihm nachgefragt, ob sie Infos auf Facebook von Hartz-IV-Beziehern verwenden dürften. Keinesfalls, so seine Antwort, habe die BA das Recht, sich in Foren einzuloggen oder Suchmaschinen zu nutzen, um Klienten zu beobachten. Anders liege der Fall nur, wenn es einen konkreten Betrugsverdacht gebe. »Eine Spionage ins Blaue hinein ist immer illegal«, hatte Schaar erklärt. »Unsere Auffassung von damals gilt auch heute«, betonte die Behördensprecherin am Montag.
Die Freude der Bundesagentur an umfassender Beschattung ist weder neu noch auf das Virtuelle beschränkt. Datenschützer hatten schon 2009 eine interne Anweisung der BA gestoppt. Diese erlaubte es, Erwerbslose oder Aufstocker bei Betrugsverdacht zu observieren und Nachbarn oder Verwandte über sie auszufragen. 2010 berichtete Die Zeit über einen Vorstoß des Kieler Jobcenters. Das hatte Fragebögen ausgegeben, in denen Klienten nicht nur ihren gesamten Tagesablauf schildern, sondern auch Angaben zu Angehörigen, Freunden und Bekannten liefern sollten. Mit einem weiteren Versuch im November 2013 zielte die BA darauf ab, Ebay-Verkäufer aufzuspüren. Auch die neue Hartz-IV-Reform, die im April in Kraft treten soll, sieht mehr Überwachung vor, etwa den monatlichen Abgleich von Kontoauszügen oder Arbeitsnachweisen.
QUELLE