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    Great Game im Mittelmeer

    Sirius123
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    Beitrag von Sirius123 Sa 24 Feb - 22:53

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    Tiefsee-Bohrschiff Saipem 12000. Bild: John A. Konrad V / CC BY-SA 3.0


    Die Türkei blockiert die Erdgassuche bei Zypern und stellt sich gegen alle anderen Mittelmeeranrainer

    Im östlichen Mittelmeer droht der Streit um die Erdgasfelder zu eskalieren. Aktuell hält die Türkei dort ein Seemanöver ab. Ein Schiff des italienischen Energieunternehmens Eni, das in der Ausschließlichen Wirtschaftszone von Zypern Gas-Bohrungen durchführen sollte, steckt deswegen seit zwei Wochen südöstlich von Zypern fest. Die EU hat die türkische Blockade bei ihrem Treffen in Brüssel als Verstoß gegen Internationales Recht verurteilt.

    Seit in den vergangenen Jahren große Gasvorkommen vor allem vor den Küsten Ägyptens, Israels, des Libanons und Zyperns gefunden wurden, wird die politisch-ökonomische Landschaft dort neu geordnet. Der unverhoffte Reichtum führt zu neuen Begehrlichkeiten und Streitigkeiten. So musste das Eni-Erkundungsschiff, die Saipem 12000, als sie am 9. Februar zu Bohrarbeiten südöstlich von Zypern eintraf, feststellen, dass die Türkei dort gerade eine Militärübung durchführt.

    Türkische Kriegsschiffe hätten das Eni-Schiff gestoppt und mitgeteilt, wegen eines Seemanövers könne es nicht weiterfahren, teilte Eni gegenüber der Cyprus News Agency mit. Die türkische Regierung argumentiert, dass Teile der Ausschließlichen Wirtschaftszone von Zypern in Wahrheit zum türkischen Festlandssockel gehören bzw. zu dem von der Türkei abhängigen türkischen Norden der Insel Zypern.

    So liegt die Saipem 12000 jetzt südöstlich der Insel Zypern. In der Live-Datenbank MarineTraffic wird ihr Status zuletzt mit "Stopped" angegeben. Von ihrem Ziel, dem Block 3 genannten Gebiet, ist sie 15 Seemeilen entfernt (siehe Karte hier). Eni kündigte an, dass das Schiff in Position bleiben werde.

    Verlängertes Militärmanöver

    Die Türkei wollte das Seegebiet ursprünglich bis zum 22. Februar nutzen und hat dementsprechend eine Navtex-Meldung veröffentlicht. Navtex ist ein in der Schifffahrt genutztes Informationssystem, um Sicherheitshinweise und Wettermeldungen zu verbreiten. Schon das hielt Zypern für einen Verstoß gegen Internationales Recht und illegal.

    Doch inzwischen hat die Türkei die Navtex-Meldung verlängert. Nun will die türkische Marine das 600 Quadratkilometer große Gebiet bis zum 18. März für Manöverzwecke nutzen. Die Blockade könnte Erfolg haben.

    Wie die Cyprus Times meldet, wird die Saipem 12000 am 8. März zu Bohrarbeiten vor Marokko erwartet. Es gebe entsprechende Vorbereitungen, wobei eine Entscheidung noch nicht getroffen sei. Das Warten vor Zypern koste das Unternehmen aber 300.000 Euro pro Tag, meldete die Cyprus Times.

    Türkische Forderungen

    Ganz zufällig findet das türkische Manöver natürlich nicht statt. Der türkische Energieminister Berak Albayrak sagte auf einer Energie-Konferenz in Istanbul, erst müsse der Zypern-Konflikt gelöst werden. "Die Türkei wird es nicht erlauben, dass die Rohstoffe einseitig ausgebeutet werden."

    Und die politischen Vertreter der türkischen Zyprer äußerten sich ähnlich. So sagte der Außenminister des türkischen Nordzypern, Kudret Özersay, Zypern dürfe nicht einseitig die Gasvorkommen ausbeuten:


    Kudret Özersay schrieb:Diese Ressourcen gehören uns genauso. Daher muss man, bevor man irgendetwas unternimmt, erst mal die Zustimmung der türkischen Gemeinschaft gewinnen und ihre Bedenken ernstnehmen.


    Wenn die griechischen Zyprioten einseitige Schritte unternähmen, werde Nordzypern zusammen mit der Türkei Gegenmaßnahmen ergreifen, sagte er. Mustafa Akıncı, der Präsident der international nicht anerkannten Türkischen Republik Nordzypern, sagte wiederum:


    Mustafa Akıncı schrieb:Es ist notwendig, für die Zukunft aus dieser Krise zu lernen, die wir gerade erleben. Dieses Land gehört nicht allein den griechischen Zyprioten und einer internationale Anerkennung ihrer einseitigen Inbesitznahme verstößt gegen internationales Recht.



    Zyperns Zusage

    Der Präsident der Republik Zypern, Nicos Anastasiades, versuchte unterdessen, türkische Bedenken zu zerstreuen, dass der Norden bei der Ausbeutung der Rohstoffvorkommen leer ausgehe. Schriftlich bekräftigte er , dass die Ausbeutung von Rohstoffvorkommen im Falle einer Wiedervereinigung Sache der Zentralregierung sein werde.


    Nicos Anastasiades schrieb:Unser Ziel ist es, das hydrocarbone Potenzial Zyperns vollständig und so gut wie möglich auszubeuten, und zwar so, dass alle Einwohnern von Zypern davon maximal profitieren.


    Um das sicherzustellen, werde ein Fond nach dem Vorbild Norwegens eingerichtet, kündigte er außerdem an. Ein entsprechendes Gesetz habe die Regierung dem Parlament zugleitet. Der norwegische Staatsfond gilt weltweit als vorbildlich. Er verwaltet die Öleinkünfte des Landes bzw. reinvestiert sie mit dem Ziel, die Einnahmen auch künftigen Generationen zu erhalten.

    So etwas stellte Nicos Anastasiades mit seiner Ankündigung auch in Aussicht: "Die Äußerungen und die Rhetorik der Türkei und der türkischen Zyprioten sind nicht gerechtfertigt und haltlos und dienen nicht den Interessen der Bevölkerung von Zypern", schrieb er. Die Türkei sowie die türkischen Zyprioten sollten an den Verhandlungstisch zurückkehren. Und die Türkei solle aufhören, die Ausschließliche Wirtschaftszone der Republik Zypern zu verletzen, schloss Anastasiades.

    Eldorado im Mittelmeer

    Eni hat indes noch andere Gasfelder in der Region: Seit 2013 ist das Unternehmen in Zypern auf den Gasfeldern 2, 3, 6, 8, 9 und 11 engagiert. Fünf werden bereits betrieben. Anfang Februar teilte das Unternehmen mit, neue Gasfunde in Block 6 gemacht zu haben. Eni hält 50 Prozent an Block 6, die anderen 50 Prozent gehören dem französischen Unternehmen Total.

    Und auch vor der Küste des Libanon ist Eni aktiv. Ebenfalls Anfang Februar schloss das Unternehmen einen Vertrag mit dem libanesischen Staat. Zusammen mit Total (40 Prozent) und dem russischen Unternehmen Novatek (20 Prozent) erschließt Eni die Rohstoffvorkommen in Block 4 und 9, die vor der Küste des Libanon liegen.

    In Ägypten wiederum ist Eni schon seit 1954. Seinen größten Coup machte das Unternehmen dort im August 2015, als es in ägyptischen Hoheitsgewässern das Gasfeld Zohr entdeckte. Es ist das wohl größte Gasfeld im Mittelmeer.

    Aktuell hält Eni dort noch 60 Prozent, nachdem es 30 Prozent an das russische Unternehmen Rosneft verkauft hatte. Die restlichen zehn Prozent hält die britische BP.

    Energie-Exporteur Israel

    Wie sehr die Entdeckung von Erdgas im östlichen Mittelmeer die geostrategische Landschaft umgekrempelt hat, zeigt das Beispiel Israel, das quasi über Nacht von einem Energieimporteur zu einem möglichen Erdgasexporteur geworden ist. Die Vorkommen vor der Küste müssen allerdings erst noch erschlossen werden.

    Einen ersten Schritt hat Israel gerade gemacht: Das amerikanische Unternehmen Noble Energy, jeweils größter Anteilseigner an den israelischen Erdgasfeldern Leviathan und Tamar, hat kürzlich einen Vertrag darüber abgeschlossen, Ägypten mit Erdgas zu beliefern.

    Geliefert werden sollen zehn Jahre lang 1,15 Billionen Kubikfuß Erdgas je Gasfeld. Ägypten hat zwar, siehe oben, selbst Erdgas, verbraucht aber auch viel. Wie das Erdgas an den Nil kommt, ist allerdings noch unklar. Entsprechende Abkommen und Regelungen zur Erdgasförderung und bezüglich des Baus von Pipelines müssten erst noch getroffen werden, hieß es.

    Noble Energy hält an Leviathan und Tamar 39,66 Prozent bzw. 32,5 Prozent. Hier funktioniert die Zusammenarbeit also, Israel nutzt seine neuen Rohstoffvorkommen, um neue Bande zu knüpfen.

    Isolierte Türkei

    Im Falle von Zypern steht so eine Zusammenarbeit indes noch aus. Der Streit beeinträchtigt auch das Verhältnis der Türkei zur EU sowie zu Ägypten. Zypern werde die Vertiefung der Zollunion mit der Türkei in der EU blockieren, kündigte der scheidende Außenminister Ioannis Kasoulides an.

    Auch Liberalisierungen bei den Visa-Bestimmungen oder die Eröffnung neuer Kapitel in den EU-Beitrittsverhandlungen werde Zypern blockieren, wenn die Türkei ihre "völlig unakzeptable" Politik fortsetze.

    Zypern brachte den aktuellen Konflikt auch beim Treffen der 27 Staats- und Regierungschefs am 23. Februar in Brüssel auf die Tagesordnung. Im Namen aller Mitglieder drücke er seine Solidarität mit Zypern aus, sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk nach dem Treffen. Zypern habe das "souveräne Recht", seine Rohstoffvorkommen auszubeuten, sagte er weiter. Vor dem Treffen hatte Außenminister Ioannis Kasoulides angekündigt:


    Ioannis Kasoulides schrieb:Unsere weiteren Schritte hängen von der Reaktion des Rates ab. Wie Sie verstehen, können wir nicht untätig bleiben. Wir behalten uns eine Erklärung nach dem Ratstreffen in Brüssel vor.



    Aber nicht nur die EU, auch Ägypten sieht sich von der Krise im östlichen Mittelmeer betroffen. Kairo argumentiert, dass die Türkei das Abkommen verletzt, dass Ägypten und Zypern im Dezember 2013 über den Verlauf der Seegrenzen abgeschlossen haben. Der türkische Außenminister Mevlut Cavusoglu hatte am 4. Februar in einem Interview mit der griechischen Zeitung Kathimerini das Abkommen für "null und nichtig" erklärt, weil es die türkischen Rechte auf seinen Festlandssockel verletze.

    Diese Äußerungen alarmierten Kairo. Außenamtssprecher Ahmed Abu Zeid warnte davor, die Souveränität Ägyptens infrage zu stellen. Hintergrund der Missstimmung ist auch, dass der türkische Präsident Erdogan den damaligen ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi von den Muslimbrüdern unterstützt hatte.

    Dieser wurde jedoch 2014 von Abdel Fattah al-Sisi gestürzt, der heute Staatsoberhaupt am Nil ist. Die Türkei protestierte damals gegen Mursis Absetzung. Seither verschlechterten sich die Beziehungen, Ägypten suchte den Schulterschluss mit Zypern und Griechenland, der in 2016 auf einem Gipfel in Kairo besiegelt wurde.

    Die Türkei steht also gegen alle anderen Mittelmeeranrainer. Einzig Eni-Chef Claudio Descalzi bemühte sich, die Brisanz der Lage herunterzuspielen. Sein Unternehmen werde warten, bis es eine diplomatische Einigung gebe.


    Claudio Descalzi schrieb:Wir sind an die Möglichkeit von Streitigkeiten gewohnt. Wir haben auch nicht Libyen oder andere Länder verlassen, wo die Lage sehr verworren war.


    QUELLE

      Aktuelles Datum und Uhrzeit: Do 7 Nov - 14:04